Sonntag, 07.12.2025

Neue Gedenktafel in Hanau erinnert an die jüdische Familie Koref und ihre Verfolgung

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In der Corniceliusstraße 12 in Hanau wurde eine Grüne Tafel enthüllt, die an die jüdische Familie Koref erinnert. Die Tafel verweist auf Übergriffe im November 1938, die anschließende Entrechtung und Deportation der Familienmitglieder sowie ihr späteres Schicksal im Ghetto Theresienstadt.

Enthüllung und Reaktionen

Die Tafel wurde vom Oberbürgermeister Claus Kaminsky und der Stadtverordnetenvorsteherin Beate Funck offiziell vorgestellt. Zu der kleinen Feier waren nach Angaben der Stadt rund 30 Gäste gekommen, darunter Oliver Dainow von der jüdischen Gemeinde Hanau sowie zahlreiche Anwohnerinnen und Anwohner.

Kaminsky betonte, dass die Erinnerung an die während der NS-Diktatur entrechteten und verfolgten Menschen nicht nur historisch, sondern auch moralisch wichtig sei. Mit der Gedenktafel solle den Opfern ein Stück Würde zurückgegeben werden. Martin Hoppe, Fachbereichsleiter Kultur, Stadtidentität und Internationale Beziehungen, las Auszüge aus den Prozessakten von 1940 vor, in denen fünf Täter und ihre Taten gegen Dr. Leo Koref und seine Mutter Recha dokumentiert sind. Die Männer wurden demnach verurteilt; für die Opfer kam die strafrechtliche Ahndung jedoch zu spät.

Biografie und Verfolgung der Familie Koref

Die Tafel erinnert an Dr. Leo Koref (geboren 1876) und seine Mutter Recha (geboren 1854). Die Familie war 1884 aus Rawitsch in Posen nach Hanau gezogen, weil der Vater, Dr. Markus Koref, das Amt des Provinzialrabbiners übernahm. Nach dessen Tod 1900 erwarb die Familie das Haus in der Corniceliusstraße, in dem die Rabbinerwitwe mit ihren Kindern lebte.

Leo Koref studierte Jura, promovierte 1898, wurde 1903 als Rechtsanwalt beim Landgericht Hanau zugelassen und 1920 zum Notar bestellt. Seine Kanzlei befand sich am Marktplatz 15. Er engagierte sich in Gemeindegremien und veröffentlichte juristisch-historische Arbeiten.

Unter dem NS-Regime begann seine systematische Entrechtung: Am 7. Juni 1933 wurde er als Notar entlassen, 1938 wurde ihm die Zulassung als Rechtsanwalt entzogen. Ab diesem Zeitpunkt durfte er nur noch als Rechtskonsulent für Juden arbeiten und praktizierte in der Corniceliusstraße 12. In der Reichspogromnacht drangen nach Angaben der Tafel am Abend des 13. November 1938 bewaffnete und maskierte Nationalsozialisten in das Haus ein, verwüsteten die Wohnung, beraubten und misshandelten die Opfer schwer.

Im April 1939 zog Dr. Koref nach Frankfurt; seine Mutter hatte zuvor bereits Zuflucht in der Stadt gefunden. Am 18. August 1942 wurden beide von Frankfurt aus in das Ghetto Theresienstadt verschleppt. Ihr Vermögen wurde eingezogen. Recha Koref starb am 1. September 1942, Dr. Leo Koref am 17. Oktober 1942 in Theresienstadt.

Das Konzept der Grünen Tafeln

Die Grünen Tafeln wurden im Zuge des 675-jährigen Jubiläums der Hanauer Altstadt eingeführt und informieren seither über die Geschichte der Stadt und ihrer Einwohnerinnen und Einwohner. Nach Angaben der Stadt existieren inzwischen mehr als 100 solcher Tafeln. Sie sind als niedrigschwelliges Angebot gedacht, das lokale Geschichte weithin sichtbar zu machen. Die Patenschaft für die Gedenktafel der Familie Koref liegt bei Hanauer Bürgern.

Auf der enthüllten Tafel ist unter anderem ein Foto von Dr. Leo Koref anlässlich seines 50. Geburtstags aus dem Jahr 1926 zu sehen; das Bild stammt aus dem Bestand des Hanauer Geschichtsvereins und dem Stadtarchiv Hanau.

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